Eine Strom Cloud ist eine Art Strom-Sparkonto für Besitzer von Photovoltaikanlagen. Strom-Cloud-Anbieter locken damit, dass euer ungenutzter Solarstrom in einem virtuellen Speicher landet und ihr im Gegenzug Freistrom gutgeschrieben bekommt. Funktioniert das wirklich oder sind Strom Clouds reine Abzocke?
100 Prozent Unabhängigkeit und null Euro Stromkosten sind das Ziel hinter einer Photovoltaikanlage. Realisieren lässt sich das aber nur in den seltensten Fällen. Mit einer sogenannten Strom Cloud könnte das anders aussehen, zumindest wenn man den Strom-Cloud-Anbietern Glauben schenkt. Was genau dahinter steckt und ob Cloudtarife für Solarstrom sich wirklich lohnen, erfahrt ihr in diesem Ratgeber.
Hinweis: Strom Clouds vermarkten nicht nur Reststrom aus Solaranlagen, sondern auch aus Windkraftanlagen und anderen Kraftwerken. Meist handelt es sich aber um Solar Clouds, weshalb wir uns in diesem Artikel auch darauf fokussieren.
Was ist eine Strom Cloud?
Eine Strom Cloud oder Strom Community ist ein virtuelles Netzwerk von privaten Energieerzeugern, die sich ihren Reststrom teilen. Das Prinzip ist einfach: In die Strom Cloud speist ihr euren überschüssigen Strom aus der Photovoltaikanlage ein.
Im umgekehrten Fall, wenn der selbst produzierte Strom für den Eigenbedarf nicht ausreicht, könnt ihr die Cloud anzapfen. Wie viel Freistrom euch zur Verfügung steht, hängt von eurem Tarif ab.
Die Idee hinter der Strom Cloud: Eigentümer von PV-Anlagen (oder auch von Windkraftanlagen) müssen Strom nicht länger teuer aus dem öffentlichen Netz dazu kaufen, sobald ihre Speicher leer sind. Das kommt zum Beispiel häufig in den dunklen Wintermonaten vor. Stattdessen soll die Strom Cloud komplett autark machen.
Strom-Cloud-Anbieter sind in der Regel Photovoltaik- oder Speicherhersteller und einige Stromversorger. Häufig müsst ihr als Mitglied der Cloud Community eine monatliche Gebühr zahlen.
Wie funktioniert die Strom Cloud?
Eine Strom Cloud funktioniert grundsätzlich ähnlich wie eine Cloud für eure digitalen Daten. Ungenutzter Reststrom wird ähnlich wie Dokumente oder Fotos ins Netz hochgeladen beziehungsweise eingespeist. Anders als im IT-Bereich funktioniert die Solar Cloud allerdings nicht als Speicher.
Der Strom wird aus der Cloud sofort vermarktet und von anderen Mitgliedern des Netzwerks verbraucht. Wer seinen überschüssigen Solarstrom an die Cloud abgibt, bekommt im Gegenzug eine fixe Menge Freistrom auf sein Strom-Sparkonto gutgeschrieben.
Sobald ihr euren Eigenbedarf nicht mehr decken könnt, zapft ihr die Cloud an und bekommt gerade frisch produzierten Reststrom anderer Mitglieder – aus einer Solaranlage, einer Windkraftanlage oder einem anderen Kraftwerk. Der Strombezug funktioniert also ähnlich wie bei normalen Stromlieferverträgen, nur unter anderen Bedingungen.
Kann ich Strom in einer Cloud speichern?
Wie gesagt: Es handelt sich bei einer Strom Cloud um ein virtuelles Netzwerk und nicht etwa um einen physischen Batteriespeicher oder eine Daten-Cloud.
Ungenutzter Reststrom, der in die Cloud fließt, bleibt nicht dort, bis ihr ihn benötigt. Der Strom wird sofort von einem anderen Mitglied der Community genutzt. Wenn ihr selbst die Cloud anzapft, bekommt ihr also nicht euren eigenen Reststrom, sondern die Energie, die gerade woanders zu viel produziert wurde.
Was kostet eine Strom Cloud im Monat?
Bei den meisten Strom-Cloud-Anbietern zahlt ihr eine monatliche Grundgebühr. Die Höhe hängt von eurem Stromverbrauch und der Größe eurer PV-Anlage ab. Für private Verbraucher liegt der Monatsabschlag im Schnitt zwischen 20 und 70 Euro. Darin enthalten ist dann eine definierte Menge Freistrom pro Jahr – abgestimmt auf euer individuelles Verbrauchsprofil.
Tipp: Erfahrt hier, welcher Stromverbrauch normal ist und wie ihr euren Strombedarf berechnen könnt.
Habt ihr am Ende des Abrechnungszeitraums mehr Strom aus eurer Photovoltaikanlage eingespeist als bezogen, erhaltet ihr üblicherweise eine Gutschrift. Im gegenteiligen Fall müsst ihr eine Nachzahlung für jede zusätzlich abgezapfte Kilowattstunde aus der Strom Cloud leisten.
Die wird derzeit für rund 10 bis 20 Cent gehandelt. Zum Vergleich: Externer Strom kostet circa 30 Cent je Kilowattstunde (Stand Juli 2023) und die EEG-Einspeisevergütung bringt euch 8,2 Cent pro Kilowattstunde ein.
Was an zusätzlichen Kosten auf euch zukommen kann: Einige Strom-Cloud-Anbieter verlangen, dass ihr bei ihnen die Photovoltaikanlage und/oder einen Stromspeicher kauft.
Unterm Strich sind fast alle Strom-Cloud-Tarife teurer, als wenn ihr Reststrom von einem normalen Ökostromanbieter bezieht. So das Ergebnis einer Vergleichsanalyse von 13 Cloud- und Community-Angeboten in Deutschland vom Marktforschungsunternehmen EUPD Research.
In jedem Fall solltet ihr die Vertragsbedingungen für euer persönliches Verbrauchsprofil genau prüfen und verschiedene Strom Clouds vergleichen. Auf den ersten Blick sind viele Tarife sehr undurchsichtig, was die Verbraucherzentrale als großen Minuspunkt sieht.
Welche Strom-Cloud-Anbieter gibt es?
Wenn ihr Zugang zu einer Strom Cloud haben möchtet, habt ihr inzwischen eine große Auswahl. Strom-Cloud-Anbieter sind vor allem Photovoltaikanlagen- und PV-Speicherhersteller, aber auch Stromversorger.
Bekannte Strom-Cloud-Anbieter auf dem deutschen Markt sind:
- SENEC
- sonnen
- Yello
- LichtBlick
- Redpoint new energy
Es gilt die Devise, bei den Angeboten der Strom-Cloud-Anbieter genau hinzuschauen, denn die Bedingungen können zum Teil stark variieren. Grundsätzlich gibt es bei den Verträgen meist drei Möglichkeiten:
- Strom Cloud ohne Speicher: Bei einigen Anbietern könnt ihr Teil der Cloud Community werden, auch wenn ihr keinen eigenen Stromspeicher habt.
- Strom Cloud mit eigenem Speicher: Die meisten Strom-Cloud-Anbieter verlangen, dass ihr eine PV-Anlage mit Speicher betreibt und die Solar Cloud nur als Ergänzung nutzt.
- Strom Cloud mit Speicher vom Anbieter: In einigen Fällen müsst ihr einen Stromspeicher vom Strom-Cloud-Anbieter kaufen oder mieten.
Was sind die Vorteile von Strom-Cloud-Tarifen?
Das sind die größten Vorteile von Strom Clouds:
- 100 Prozent Autarkie: Selbst wenn ihr einen Stromspeicher zusätzlich zur PV-Anlage habt, könnt ihr in der Regel maximal 80 Prozent eures Energiebedarfs decken. Mit einer Strom Cloud lassen sich theoretisch 100 Prozent erreichen.
- Null Euro Stromrechnung: Wenn ihr richtig kalkuliert, zahlt ihr als Mitglied einer Strom Cloud Community am Ende des Jahres keine Stromkosten.
- Stromverkauf: Wer mehr Strom in die Cloud eingespeist als bezieht, kann mit der Cloud-Lösung dazu verdienen. Bei einigen Anbietern könnt ihr euren Reststrom auch an den öffentlichen Energiemarkt weitergeben.
Welche Nachteile haben Strom Clouds?
Dem gegenüber stehen ein paar gravierende Nachteile von Strom Clouds:
- Komplizierte Preis- und Vertragsmodelle: Die Cloud-Tarife sind schwer durchschaubar und variieren stark von Anbieter zu Anbieter. Im Groß- und Kleingedruckten etwas zu übersehen, ist wahrscheinlich und kann am Ende teuer werden.
- Hohe monatliche Gebühr: Über eine Cloud bekommt ihr zwar eine definierte Menge Freistrom, müsst dem aber die meist hohen Monatsgebühren gegenüberstellen. Unterm Strich ist eine Strom Cloud oft teurer, als wenn ihr den Reststrom von einem günstigen Stromanbieter bezieht.
- Keine unabhängigen Anbieter: Viele Cloud-Anbieter sind Hersteller von Photovoltaikanlagen und Speichern. Ihr müsst teure, oft überdimensionierte Batteriespeicher dazu kaufen, um Teil der Strom Cloud zu werden.
- Keine eindeutige Rechtslage: Die Steuerabwicklung bei einer Photovoltaikanlage ist ohnehin komplex. Die Strom-Cloud-Lösung macht das Ganze noch unübersichtlicher. Es gibt hier keine eindeutigen Richtlinien der Finanzverwaltungen.
Fazit: Ist eine Strom Cloud sinnvoll?
Der erste große Knackpunkt bei Strom Clouds: Mit den Begriffen „Cloud“ oder „virtueller Stromspeicher“ werden Verbraucher in die Irre geführt. Unterm Strich handelt es sich nämlich um keine Speicherlösung, sondern um einen ganz normalen Bezug von Reststrom – für den ihr extra zahlt.
Ob sich eine Strom Cloud trotzdem lohnt, hängt von vielen Faktoren ab. In der Regel zahlt sich die Netzwerklösung nur aus, wenn ihr eine große Menge Strom im Überschuss produziert. Ansonsten könnt ihr die meist hohe Monatsgebühr nicht aufwiegen und müsst wie bei einer normalen Stromabrechnung nachzahlen.
Außerdem muss es genügend weitere Stromüberschussproduzenten in der Community geben, sonst geht das Modell nicht auf. Beides Faktoren, die ihr nur bedingt in der Hand habt.
Am Ende ist es vom Einzelfall abhängig, ob die Strom Cloud sinnvoll ist. Rechnet alle Parameter einmal genau durch und vergleicht die Tarife gut miteinander. In der Regel seid ihr besser damit beraten, in eine an eure Bedürfnisse angepasste Technik sowie eine sinnvolle Größe von Photovoltaikanlage und Batteriespeicher zu investieren.